Dieser Bericht wurde uns von Judith Zuckermann zur Verfügung gestellt,
zum Vergrößern der Bilder einfach draufklicken!
Teil 204.10.01 Wir packen unsere Sachen zusammen. Volker
will in die gleiche Richtung und wir beschließen, zusammen weiterzufahren. Reiner und Christian wissen noch nicht
genau, was sie machen. Reiner muss erst mal seine Affentwin richten. Er ist
gestern irgendwo gestürzt, als er ausweichen musste und den ausgefransten
Fahrbahnrand nicht wieder hochkam. Dabei geriet er dann kopfüber in den
Straßengraben. Zum Glück ist ihm dabei nichts passiert. Wir verabschieden uns und fahren los. Es geht Richtung Ifrane – ein sehr schöner sauberer Ort mit spitzgiebeligen Häusern, Alleen, schön angelegten Parks und Teichen. Ein sehr ungewohnter Anblick hier. Auch das Klima ist angenehm, Ausläufer vom Hohen Atlas mit schöner, frischer Luft. Wir fahren weiter – es wird wieder
trocken, öd und trist. Wir haben
alle das Gefühl, dass mit den Moppeds etwas nicht stimmt - sie ziehen
überhaupt nicht richtig. Nach einem Blick auf‘s GPS wissen wir auch, warum:
wir schrauben uns langsam höher und höher. Das Höhenmesser rattert nur noch
so. Durch die wahnsinnige Weite der Landschaft hat man das überhaupt nicht
gemerkt. Wir wollen irgendwann den Abzweig auf die
Piste nach Khenifra nehmen, der dann auch bald kommt. Wir halten noch mal kurz
– Ralf ist begeistert – endlich Piste! Aber die Freude nimmt schon nach ca.
500 mtr. ein jähes Ende! Ralf ist recht flott unterwegs, Volker fährt als
zweites, und plötzlich sehe ich nur noch abwechselnd Arme und Beine in der
Luft, eine riesige Staubwolke und die Big fliegt hinterher! Bin tierisch
erschrocken, sehe aber, dass Ralf schon wieder steht. Plötzlich kamen direkt hintereinander 3
tiefe Bodensenken, die man eigentlich locker fahren kann. Aber in der zweiten löste
sich sein GPS aus der Halterung und ging fliegen. Er schaute nur noch, dass er
das GPS nicht auch noch überrollte und dann kam das dritte Loch! Wahrscheinlich
hat er dabei den Gleichgewichtssinn verloren, den Lenker verrissen und da ist es
passiert. Gott sei Dank ist ihm nicht viel passiert
– nur sein rechter Mittelfinger schwillt rasend schnell auf’s Doppelte an.
Aber bewegen geht noch, so dass anscheinend nichts am Gelenk ist. Die Suzi ist nun etwas deformiert – die ganze Stahlhalterung für GPS, Imo und Roadbook ist total verbogen. Kabel abgerissen, Blinker lose und der Alu-Koffer dermaßen verzogen, so dass der Deckel abgesprungen ist und der Inhalt über der Piste verteilt liegt. Es dauert nicht lange, da kommen auch
schon zwei Nomadenmädchen angelaufen, hocken sich hin und beobachten uns. Sie
sehen den Inhalt der Koffer und betteln uns gleich an. Volker fängt an, den Koffer zu
reparieren. Am Deckel ist eine Niete abgegangen, mit der der Haken zum
Verschließen befestigt ist. Zum Glück haben wir ja genug Schrauben dabei. Er
dengelt und hämmert, bis es irgendwann wieder halbwegs passt. Wasserdicht wird
er jetzt allerdings nicht mehr sein. Dann geht’s an die Big. Die
Tourenscheibe ist gebrochen und wird erst mal komplett abmontiert. Dann
versuchen wir, den „Turm“ wieder so weit zurückzubiegen, dass er nicht beim
Lenkereinschlagen stört. Fast ein hoffnungsloses Unterfangen, das Ding ist
verdammt stabil. Aber es geht irgendwie doch, zumindest so weit, dass die Big
wieder fahrbereit ist. Blinker wird getaped, Kabel abgekniffen, alles soweit
wieder befestigt und zum Schluss noch eine Sicherung erneuert. Wir können
weiter. Da wir nicht genau wissen, wie lang und
in welchem Zustand der weitere Pistenverlauf ist, beschließen wir, doch zur
Hauptstraße zurückzukehren und nach Zeida oder Midelt auf einen Campingplatz
zu fahren. Außerdem will Ralf erst mal den Finger beobachten. Irgendwo halten wir noch mal an, weil
Ralf’s Bremsleitung festhängt. Die Führung ist verbogen und klemmt die
Leitung fest. Einmal Zange angesetzt und es ist wieder o.k. Danach springt die
Big nicht mehr an. Wieder 1 oder 2 Sicherungen durchgejagt. Bei dem Sturz muss
es irgendwo einen Kurzschluss gegeben haben, jedenfalls hat sie jetzt einen
Elektrikfehler. Beim nächsten Halt lässt er sie laufen, so dass er nicht
wieder in die Verlegenheit kommt, starten zu müssen. Am späten Nachmittag
kommen wir am Campingplatz „Timnay“ an. Wir bauen wieder mal unsere Zelte auf.
Ralf bastelt noch ein bisschen an der Big rum. Der Fehler ist nicht wirklich
behoben, aber wenigstens springt sie jetzt wieder an. Trotzdem blödes Gefühl,
wenn etwas plötzlich wieder funktioniert und man nicht weiß, warum. Abends essen wir hervorragend im
campingplatzeigenen Restaurant. 05.10.01 Ein herrlicher Tag beginnt, die Sonne
scheint. Ralf’s Mittelfinger sieht aus, als wenn er gleich platzen würde. Wir
beschließen, noch einen Tag auf dem Campingplatz zu bleiben, gleich nach Midelt
fahren, und versuchen, in einer Apotheke etwas für den Finger zu bekommen. Volker will den Rundkurs zum Cirque de
Jaffar fahren und vielleicht ein Stück Richtung Imilchil. Nach erfolglosem Apothekenbesuch machen wir einen Ausflug nach Aouli, zu den alten Minen, die allerdings nicht mehr in Betrieb sind. Das erste Stück ist Teerstraße.
Später wird es kurviger und ab und zu kommen kurze Schotter- und Sandpassagen mit ein paar Furten. Am Abend trudelt kurz nach uns Volker ein
– total fertig. Die Strecke nach Imilchil war die absolute Katastrophe. Er
musste durch den Fluss fahren, weil die Piste weg war. Nach ein paar Kilometern
ist er dann umgedreht. Wir drei erholen uns bei Käffchen. Es
dauert nicht lange, da hören wir 2 Motorräder sich nähern. Wir flachsen rum,
ob das wohl die beiden vom „Diamant Vert“ sind – und tatsächlich! Die
beiden haben heute auch den „Cirque de Jaffar“ versucht und sind nach der
dritten Flussdurchfahrt umgekehrt. 06.10.01 Heute fahren wir alle gemeinsam weiter
– es geht Richtung Erfoud. Die Strecke ist anfangs sehr trist, aber später
geht es sehr kurvig in die Berge. Es stürmt heute mächtig und der Sand
fegt über die Straße. Wir fahren geradeaus und haben trotzdem Schräglage.
Mittags kommen wir in Er-Rachidia an. Wir suchen uns ein Café und trinken Tee.
In der Zeit zieht ein richtiger Sandsturm auf und es fängt an zu regnen. Wir brechen wieder auf – trotz des
miesen Wetters. In Er-Rachidia sind die Straßen nass und es ist tierisch glatt.
Am Ortsausgang geht es, dort wird der Straßenbelag wieder etwas griffiger und
bald auch wieder trocken. Aber es reicht, um uns wie Schweine aussehen zu
lassen. Sand und Staub sind rötlichbraun und durch den Regen klebt das Zeug von
Kopf bis Fuß an uns. Nach weiteren 20 Km kommt die „Source bleue de Meski“.
Wir halten kurz an – sind direkt wieder von einer Horde Kinder umringt. Aber
der Wind legt wieder zu und der Himmel sieht nach Weltuntergang aus. Wir machen,
dass wir schnellstmöglich die 56 km bis Erfoud hinter uns bringen. Es geht durch das Tafilalet –
eigentlich eine sehr schöne Gegend. Aber durch den Sandsturm kann man fast
nichts erkennen. In der Ebene weht massenhaft Sand über die Straße und wir
fahren wieder mit Schräglage! Endlich haben wir es geschafft – Erfoud ist erreicht. Der Campingplatz ist gleich ausgeschildert und wir fahren hin. Ralf’s Big hat schon wieder ein Problem – er vermutet das Lenkkopflager. Mist, wenn es so ist, sitzen wir erst mal fest. Und wieder heisst es „Schrauben“! Ralf fängt an, die Big auseinander zubauen. Wir anderen bauen schon mal die Zelte auf
und beschließen, heute abend selbst zu kochen. Wir fahren in den Ort und haben
wieder mal Spaß – ein Pulk Kinder begleitet uns durch den Gemüsesouk. An
einem Stand kaufen wir eine große Schüssel voll Gemüse ein. Es scheint alles
den gleichen Kilopreis zu haben, der Verkäufer schmeißt alles in die gleiche
Schale! Wir sind wieder mal Stadtgespräch! Wir können noch 3 Fladenbrote
ergattern. Da bis vor einer Stunde den ganzen Tag über Stromausfall in Erfoud
war, konnte nicht gebacken werden. Zurück am Campingplatz erwartet uns ein
glücklicher Ralf. Die Big ist wieder fast fertig. Vor Jahren ist ihr zwei Mal
das Lenkradschloss aufgebrochen worden. Dabei sind zwei Metallteile abgebrochen,
die er aber niemals mehr wiedergefunden hat. Durch die ganze Schüttelei auf den
Pisten sind sie jetzt wieder aufgetaucht und haben ihm die Lenkung blockiert.
Gott sei Dank – kein Ersatzteilproblem und morgen kann es wie geplant in den
Erg Chebbi gehen. 07.10.01 Heute
haben wir uns das größte Sanddünengebiet Marokkos, den Erg Chebbi,
vorgenommen. Zunächst geht es Richtung Ortsausgang Erfoud nach Süden. Es
folgen einige Kilometer Teerstraße. Nach einiger Zeit kommen wir auf eine
kleine Anhöhe, wo die Straße zwischen zwei größeren Sandhügeln verläuft.
Durch die letzten etwas stürmischen Tage ist hier die Straße total zugeweht
und es geht durch die ersten Sandpassagen. Am Horizont sind die ersten Sanddünen
zu erkennen. Nach ungefähr 25 Kilometern endet die Straße. Wir müssen erst mal
nach der richtigen Piste suchen, so viele Fahrzeugspuren gehen in alle
Richtungen. Hier fängt also die berühmt berüchtigte Wellblechpiste an. Judith
fährt noch ein Stück mit, dann streicht sie die Segel und kehrt allein nach
Erfoud um. Wir
anderen testen erst mal aus, mit welcher Geschwindigkeit sich die Piste am
besten ertragen lässt, finden aber keinen rüttelfreien Speed. Allerdings
zwingen uns herumliegende Gesteinsbrocken, plötzliche Furchen, Auswaschungen
und längere Sandpassagen zu vorsichtigerer und sehr konzentrierter Fahrweise. Auch der
Versuch, neben der Piste zu fahren, bringt nichts, da in diesem Bereich starke
Senken und Unebenheiten sind, die das Fahrwerk an seine Grenzen bringen und den
Adrenalinspiegel mächtig heben.“Learning by doing“ ist auch hier mein
Motto. Immer wieder kommen wir an einzelnen Häusern
vorbei und fahrradfahrende Kinder tauchen, wie überall in Marokko, aus dem
Nichts auf und kommen auf uns zu. Schließlich erreichen wir Merzouga am Rande
der Sahara. Die Dünen locken uns. Ein paar Proberunden in den Dünentälern
lassen mich doch ein wenig auf den Boden der Tatsachen zurückkommen, denn plötzlich
versinkt mein Vorderrad in einem Sandfeld. Das ganze Zerren und Ziehen mit und
ohne Gas führt zu nichts. Rainer sieht mein Bemühen, eilt zur Hilfe und zu
zweit ist die Big dann frei. Während Rainer, Christian und Volker
noch diskutieren, wie man die Dünen am besten anfährt, starte ich den ersten
Versuch. Mist, zu wenig Gas – kurz vor dem Dünenkamm stehen geblieben.
Der zweite Versuch gelingt und ich schaffe es bis auf den Dünenkamm.
Nacheinander toben wir uns aus und ich nehme mir die nächsthöhere vor. Stolz
stehe ich mit der Dicken auf dem Kamm. Total ausgepumpt nach unseren „Sandkastenspielchen“
in glühender Mittagshitze kehren wir in eine Auberge ein und gönnen unseren
ausgedörrten Kehlen erst mal etwas Gutes. Am Nachmittag geht es dann weiter über
teilweise schlechte, ausgewaschene und durchfurchte Piste mit wieder vielen längeren
Sandpassagen Richtung Rissani und zurück nach Erfoud. Judith erwartet uns gespannt und päppelt
uns erst mal wieder mit Kaffee auf. Es war ein supergeiles Erlebnis. Wir sind
total geschafft aber alle vier mit einem dauerhaften Grinsen im Gesicht und ich
weiß, hier war ich nicht das letzte Mal. 08.10.01 Wir wollen zur Himmelstreppe fahren. Da ich die genaue Wegbeschreibung aus dem Reiseführer parat habe, incl. GPS-Daten, fahre ich vor. Wir fahren 26 km und suchen dann nach dem Abzweig auf die Piste. Die einzige Piste weit und breit führt mitten durch die Oasengärten und ist tatsächlich der richtige Weg. Wir ackern dadurch, bis wir an ein ausgetrocknetes Oued kommen. Man kann die Himmelstreppe in einigen Kilometern Entfernung sehen. Leider ist hinter dem Oued keine Piste mehr zu erkennen – man muss wohl
einfach quer Beet auf die Treppe zufahren. Volker und Ralf fahren in das Oued, das auch ziemlich versandet ist. Ralf kriegt die Big ohne Schwierigkeiten wieder raus, aber Volker kommt nicht ohne Hilfe wieder zurück. Er gerät in dem Sand aus der Richtung und verliert dann den nötigen Schwung, um die Steigung wieder raufzukommen. Mit Anschieben steht auch die Ténéré schließlich wieder oben. Da wir alle das Gepäck dabei haben, geben wir auf und fahren zurück zur
Teerstraße. Hier trennen sich unsere Wege wieder, Ralf und ich fahren alleine
weiter. Wir fahren zurück nach Erfoud und von
dort erst mal Richtung Rissani und weiter nach Alnif. Der Himmel zieht sich
wieder zu – es sieht schon wieder nach Sandsturm aus. In Mecissi essen wir eine Kleinigkeit. Zwischendurch kommen mal ein paar Palmenhaine. Wir durchfahren sehr viele Furten, aber alle Oueds sind ausgetrocknet. Dann durchfahren wir eine Ebene mit einzelnen Bergen, bzw. Tafelbergen, die an Monument Valley erinnern. Um 16.00 Uhr erreichen wir Tazzarine. Wir
überlegen, doch noch bis Agdz weiterzufahren, aber das sind noch 120 km – das
werden wir nicht mehr schaffen, zumindest nicht trocken. Wir bleiben also und
fahren zum Camping „Bougaffer“. Abends zieht dann auch ein fettes Gewitter
auf. 09.10.01 Es geht weiter. Wir fahren Richtung Nekob und wollen dann weiter ins Draa-Tal. Die Gegend ist wunderschön und wir machen viele Fotos. Nach ca. 70 km kommt die Einmündung auf die Hauptstraße im Draa-Tal – es ist die südliche „Straße der Kasbahs“. Im nächstgrößeren Ort ist Markt und
wir halten. Natürlich stürzt sich gleich wieder ein Typ auf uns und eine Horde
Kinder, die sich als „Guardian“ betätigen wollen. Der Typ wählt den
ältesten von ihnen zum Aufpassen aus und begleitet uns zum Markt, worüber wir
eigentlich nicht besonders glücklich sind. Nie hat man seine Ruhe! Wir düsen weiter – Richtung Zagora –
und das nur wegen dem blöden „Timbuktu-Schild“! So gegen 13.30 Uhr kommen
wir dort an. Wir fahren bis zum Ortsausgang und machen erst mal ein paar „Timbuktu-Fotos“,
wobei ich mir nicht sicher bin, wie viele von diesen Schildern mittlerweile
existieren! Es hängt auch ständig an einer anderen Stelle, mal mit 3 und mal
mit 5 Kamelen drauf! Am späten Nachmittag geht es zurück
nach Agdz und auf dem Camping „Le Palmeraie“ schlagen wir das Zelt auf. 10.10.01 Wir fahren über den Tizi-n-Tiniffift durch atemberaubende Canyon-Landschaft bis Ouarzazate. Nun geht es über die „Straße der
Kasbahs“ durch anfangs recht triste Gegend. Die einzigen Highlights sind
Skoura und El Kelaa de M’Gouna. Als wir weiterfahren wollen, tritt der
alte Elektrikfehler wieder auf. Ralf kann die Big nicht starten und muss
anschieben. Bei der Aktion haben wir natürlich wieder zahlreiche Zuschauer! Nach weiteren 15 km ist Boumalne du
Dadès erreicht. Wir tanken noch mal und biegen dann in die Dadès-Schlucht ein.
Hier wird die Landschaft schlagartig interessanter. Rote Erde, schlechte Straße
mit Tausenden von Schlaglöchern, aber geteert. Es ist sehr kurvig, die Straße
geht bergauf und bergab und es gibt einige sehr schöne Kasbahs hier, was in
dieser Bilderbuchlandschaft wirklich traumhaft aussieht. Als wir an einer Anhöhe anhalten, um Fotos zu machen, sind wir sofort wieder von 6 Kindern umringt, die dauernd die Hupe am Mopped betätigen wollen. Einer drückt auch ganz dreist auf den Schalter. Wir fahren bis fast zum letzten Ort, wo
es noch Übernachtungsmöglichkeiten gibt und mieten ein Zimmer im Hotel „La
Kasbah de la Vallée“.
weiter mit Teil 3 |